International Workshop in Graz – 15.-16.11.2024

Ad terras ab arce poli – Space in Ancient Fables

Wie angekündigt, kehrte unser Latinist ADRIAN MEHNER nach Graz zurück, dieses Mal im
Rahmen eines Workshops zum Thema der Narratologie des Raumes in der antiken
Fabelliteratur. Am 15. und 16. November lernte er viele neue Eindrücke, Ideen und Gedanken
zu Räumen in antiken Fabeln kennen. JEREMY LEFTKOWITZ (Swarthmore) leitete den Workshop
ein, indem er grundlegende Fragen zum narratologischen Raum aufwarf und seine
Interpretation von Aes. 73 (Perry) vorstellte, der Fabel über den Affen in Piräus, die sich als
Fabel über die Plausibilität eines ψευδολόγος verstehen lässt und dabei mehrere verschiedene
Räume enthält. GIOVANNI ZAGO (Florenz) beschrieb die Fabel als ein „Genre without
Landscape“, was er auf die brevitas, das allgemein gültige setting und die grundsätzlich
„funktionale“ Verwendung von Ortsangaben in Fabeln zurückführte. Phaedrus bildete dabei,
so ZAGO, eine Ausnahme, indem er etwa in Phaedr. II 5 einen bewussten Bruch mit diesen
Regeln inszenierte. URSULA GÄRTNER , die Professorin der Latinistik an der Uni Graz,
betrachtete die mediterranen Schauplätze der antiken Fabel und untersuchte dabei die
unterschiedlichen Strategien der verschiedenen Fabelsammlungen bezüglich der Reflexion
über diese Räume. Von Theben über den Nil nach Athen, Delphi und schließlich Rom
visualisierte sie alle Orte, die jeweils in den Sammlungen genannt werden, auf einer Karte und
verwies auch darauf, dass sich der spätantike Dichter Avian eher in literarischen Orten bewegte
als in realen. MARGOT NEGER (Zypern) führte mittels cityscaping in die urbanen Räume der
antiken Fabel ein, während sich CATERINA MORDEGLIA (Trient) auf Naturalismus und
Symbolismus der antiken Fabeln und deren Bearbeitungen im Mittelalter fokussierte. ADRIAN
MEHNER selbst präsentierte eine Fallstudie zu den narrativen Bedeutungen der Küsten und
Gewässer in den Fabeln Avians und nahm metapoetisches Gedankengut wahr. CHRISTOPHER
POMS (Graz) untersuchte derweil das gesamte Fabelbuch Avians auf die narrative Verwendung
seiner Räume hin und wartete mit einem beeindruckenden systematischen Überblick über die
inhaltlichen, formalen, metatextuellen und metapoetischen Funktionen der Räume in Avians
Werk auf. Schließlich brachte CATERINA EDHOFER (Salzburg) den Workshop theoretisch
fundiert zu einem Abschluss, indem sie die Narrativität der Räume in einigen ausgewählten
Phaedrus-Gedichten zeigte.
Adrian lernte, dass es nicht nur viele unterschiedliche Räume in antiken Fabeln gibt, die es zu
bedenken gilt, sondern auch eine mindestens ebenso reichhaltige Vielfalt an Zugängen zu deren
Erforschung. So wurde die Räumlichkeit bzw. die Raumverbundenheit in diesem ohnehin zu
selten untersuchten literarischen Genre vorher noch nie durchleuchtet und bedarf ebenso
weiterer Auseinandersetzung. Doch zu Adrians Freude wurde ihm schon eine große Tagung
über die narrativen Strategien in den antiken Fabeln für 2025 angekündigt. Es war also nicht
das letzte Mal, dass er in Graz interessante und inspirierende Gespräche führte.