Sabrina Inowlocki (Leuven)
1st International Summer School - Impressions
Die erste im Rahmen unseres Graduiertenkollegs stattfindende Summer School begann am ersten Abend bei mildem, sonnigem Wetter mit einem Kennenlernen in der angenehmen Atmosphäre des Philosophengartens. Die bei Snacks und Getränken geführten Gespräche unter den internationalen Teilnehmenden wurden bei einem gemeinsamen Abendessen fortgeführt.
Der Einstieg in die intensive Arbeit wurde am nächsten Morgen und Vormittag im Rahmen zweier Study Group-Sitzungen unter der Leitung der für die Entwicklung des Graduiertenkollegs so wichtigen Rosa Maria Piccione (Turin) vollzogen. Durch einen Blick auf den Papyrus P. Berol. Inv. 9772 und die vergleichende Betrachtung des Sammelwerks von Johannes Stobaios konnten zum einen die besonderen Herausforderungen, Elemente sowie die Bedeutung papyrologischer Untersuchungen und die Aspekte und Formen der Textkonstitution erarbeitet werden. Zudem forcierte der Fokus auf Anthologien als Handbücher mit ihren verschiedenartigen Gebrauchsmöglichkeiten (Schulgebrauch für Lehrer oder Tutoren? Rein persönlicher Gebrauch? Schreibausbildung?) Überlegungen dazu, welche Beweggründe zur Erarbeitung heteronomer Texte führen.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen folgten die ersten Projektpräsentationen der Teilnehmenden: Andrea Allessandri (Wuppertal), Jens Binfet (Wien) und Nicolas Campagnoli (Jena). Der weitere Nachmittag sowie der Abend waren mit zwei längeren Vorträgen gefüllt: Giovanni Zago (Florenz) vermittelte seine Forschung über die Handschriftentradition sowie die indirekte Überlieferung der Fabeln des Phaedrus und schlug eine neue Zählung derselben vor. Zu einem Handbuch des Humanisten Lorenz Rhodomann beschloss Rosa Maria Piccione den Tag mit einem Vortrag, der nicht nur Überlegungen der morgendlichen Sitzungen aufgriff (wenngleich in einer gänzlich anderen Epoche), sondern zugleich Bedeutung für die Geschichte Jenas besaß.
Der nächste Tag begann mit zwei weiteren Sitzungen, dieses Mal unter der Leitung von Matthias Perkams (Jena). In der Untersuchung eines Ausschnittes aus dem Werk des Doxographen Aëtios verdeutlichten sich sowohl die zur Konstituierung einer kritischen Edition nur indirekt überlieferter Werke maßgeblichen Überlegungen als auch die verschiedenen Ebenen von Heteronomie, die solchen Quellen eigen sind. Der Nachmittag war von weiteren Projektpräsentationen bestimmt: Constanza de Martino (Berlin), Giacomo Caspar Guida (Wuppertal), Ana Kiria (Tiflis), Ismaël Kettani (Toronto), David Kim (Leuven) und Alfonso Gutierrez (Mexiko City). Am Abend rundete der Vortrag von Matthias Perkams über die Ratio particularis in Thomas von Aquins Aristoteleskommentar (inklusive Auftritten von Avicenna und – noch viel bedeutender – drei Kakadus) einen weiteren erfolgreichen Tag ab.
Am nächsten Morgen folgten zwei Sitzungen zu einer Passage aus der Historia Ecclesiastica des Eusebios von Kaisareia (HE 2,15-18). Geleitet von Sabrina Inowlocki (Leuven) wurden mehrere Ebenen der Heteronomie in seinem Werk untersucht: Zum einen zitiert Eusebios selbst Philon von Alexandrien, zum anderen setzt Rufinus in seiner Übersetzung der eusebianischen Kirchengeschichte eigene Akzente. Besonderes Augenmerk erhielten dabei auf der einen Seite die christliche „Inbesitznahme“ der philonischen Beschreibung der Gruppe der therapeutae durch Eusebios, auf der anderen Seite der monastische spin, den Rufinus der Darstellung verschaffte. Nachmittags fanden zunächst die letzten Projektpräsentationen statt – von Lin Chia-Wei (Lausanne), Isabella Piras (Rom), Sebastian Weinert (Jena) und Angelos Zaloumis (Patras / Paris) –, bevor Rosa Maria Piccione die überaus abenteuerliche Geschichte der Handschrift der sogenannten Antologia Palatina darlegte.
Am Abend lieferte Sabrina Inowlockis Vortrag einen Einblick in die praktischen Kontexte literarischer Kultur, besonders im palästinischen Caesarea. Nicht nur rückte sie dabei die Person des zwischen Origenes und Eusebios häufig vernachlässigten Pamphilos in den Mittelpunkt, sondern zog zudem eine Linie zwischen der Rolle literarischer Ästhetik und politischer Macht. Nach dem anschließenden gemeinsamen Abendessen setzten sich die anregenden Gespräche unterschiedlicher Natur bis in die späten Abendstunden fort; nur die Pflicht, am nächsten Morgen wieder früh auf den Beinen zu sein, ließ irgendwann auch die letzten den Heimweg antreten.
Am letzten, kürzeren Tag war Zeit, sich noch einmal mit der am Vortag begonnen Betrachtung des Eusebios zu beschäftigen, bevor die auswärtigen Teilnehmenden aus Jena aufbrachen.
Diese sehr erfolgreiche Summer School hat verdeutlicht, wie unterschiedlich die Ansätze und Herangehensweisen in der Behandlung von als heteronom kategorisierbarer Texte sein können. Den Veranstaltenden, Oliver Schmerbauch sowie der gewohnt tatkräftigen Unterstützung der Hiwis Laura Kunert, Fiona Maurer und Marcelo Glower Mendoza ist es zu verdanken, dass diese erste Summer School unseres Graduiertenkollegs hohe Standards gesetzt hat.
Teilnehmer/innen während des Sektempfangs
Teilnehmer/innen während eines Vortrags im Rahmen der Summerschool
Prof. Perkams und Teilnehmer/innen während des Sektempfangs
Gruppenbild der Teilnehmer/innen und Dozent/innen